Fourth Instance Review

"Du bist wertlos."
So beginnt einer der interessantesten, knuffigsten und unterschwellig tiefgründigsten Mangas, den ich bisher gelesen habe. Er stammt von einer deutschen semi-professionellen Mangaka, auf die ich durch ihre Cosplayvideos aufmerksam geworden bin.
Vor etwa eineinhalb Jahren begann ich dann, "Fourth Instance" (mir ist noch immer nicht klar, worauf sich der Titel bezieht, aber ich werde es wohl noch herausfinden) zu lesen, anfangs mit Skepsis, später mit immer größerer Begeisterung. Diese Begeisterung hat sich auch durch die lange Pause und Neuauflage des Mangas (ich habe schon einmal davon berichtet) gehalten.

Der Manga besticht durch einen Kontrast aus einem absolut niedlichen Zeichenstil und einem abwechselnd düsteren und knuffigen Thema. Episodisch erzählt der Manga von Kindern, die von Dämonen misshandelt worden sind, sogenannten "Dismentis", und von einem gutartigen Dämonenzwillingspaar gerettet wurden. Der Dämon Gabriel und sein Bruder haben extra für diese geretteten Dismentis eine Schule eingerichtet, in denen sie die Kinder von ihren traumatischen Erlebnissen zu kurieren versuchen und ihnen Platz geben, sich zu entfalten und - ganz wichtig - geliebt zu werden und selbst zu lieben.
Daher auch das Motto des Mangas: Wer Liebe will, bekommt sie auch.

Zwar schreitet die Geschichte sehr langsam voran, aber grade dies verdeutlicht den weiten Weg, der noch vor den traumatisierten, teilweise verängstigten, teilweise hasserfüllten Dismentis liegt, bis sie ein "normales" Leben führen können. Unterstützt werden sie dabei nicht nur von hilfsbereiten Dämonen, die den meisten Dismentis anfangs trotz ihrer menschlichen Gestalt unheimlich erscheinen, sondern auch von deren Partnern und ehemaligen Dismentis, die sich bereits erholt haben.

Obwohl jeden Tag eine neue Seite erscheint und der Manga an sich daher gut voranschreitet, lässt er noch viele Fragen offen, zum Beispiel nach einer geisterhaften Frau, die einem Dismentis erscheint, oder nach dem brutalen Dämon Adriel, der bisher noch keinen wirklichen Auftritt gefeiert hat, aber auch nach Herkunft und Absicht der Dismentis selbst, die ganz unterschiedlich auf ihre Lage reagieren.
Durchsetzt ist der Manga von witzigen Einlagen wie Gabriels fast schon manischer Suche nach süßen Uke (im Mangagenre Yaoi der devotere Partner in einer schwulen Beziehung oder einfach der, der beim Sex unten ist) oder dem Auftauchen eines Staubhäschens (genau so süß, wie es sich anhört) unter dem Bett, ohne dabei ins Lächerliche gezogen zu werden.

Fourth Instance ist ein mit viel Liebe gezeichneter Manga der Gegensätze, der Stereotypen aufbricht, ohne jemals den Bezug zum eigentlichen Thema - Liebe und Geborgenheit - zu verlieren. An dieser Stelle möchte ich ein Lob an die Mangaka aussprechen, die trotz der Vorwürfe über Kinderpornographie und ähnliches niemals den Mut verloren hat, ihren Manga weiterzuführen.
Die Idee beruht auf einem RPG zwischen der Mangaka und ihrer Verlobten, daher ist ein baldiges Ende (glücklicherweise) nicht abzusehen.

Wie bereits erwähnt wird der Manga derzeit in der zweiten Version fortgeführt, da die erste aufgrund von unhaltbaren Vorwürfen verworfen werden musste. Während ich bei der ersten Version mich von der Flut von Namen und Charakteren, sowie der leicht unkoordiniert wirkenden Form der Storyline förmlich erschlagen fühlte, vermittelt die Neuauflage einen besseren Überblick, nimmt aber nicht die Spannung vorweg und lässt trotzdem Geheimnisse offen, die häufig aber erst so spät wieder zur Sprache gebracht werden, dass Leser nachschlagen muss, was über dieses Thema bereits offenbart worden ist. Die extreme Dehnung der Handlung ist in meinen Augen ein Nachteil, doch vielmehr zu bemängeln ist weiterhin die Vielzahl von Storyansätzen, die sich durch die Neuauflage zwar verbessert hat, nicht jedoch durchschaubarer geworden ist.
Bisher habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Manga niemals in die Richtung geht, die ich vermute, daher rechne ich nicht damit, zutreffende Vorhersagen über den Verlauf der Geschichte machen zu können, doch ich hoffe sehr, dass die einzelnen Storyansätze sich noch stärker verbinden und zu einer fortlaufenden, sich nur langsam klärenden Handlung werden.

Fazit: "Fourth Instance" ist für einen selbstständigen Webmanga von herausragender Qualität, Gründlichkeit und Liebe zum Detail. Die Story erschließt sich mir zwar noch nicht ganz, aber sie wird es wohl hoffentlich bald, wobei ich den Manga besonders wegen seiner fast körperlich spürbaren Liebe und der vielseitigen, witzigen Charaktere zu schätzen gelernt haben. Tiefgründige Themen wie der Gegensatz von Gut und Böse, Liebe und der Wert eines Lebens werden angedeutet, aber nicht vordergründig behandelt, sodass der Leser sich selbst Gedanken dazu machen und diskutieren kann.
Alles in Allem ein lesenswerter Manga mit Tiefgang und Unterhaltungswert. Auch für Leser, die mit Liebesbeziehungen unter Männern wenig anfangen können, geeignet.

Zu lesen ist der Manga auf animexx, deviantArt oder der eigenen Website des Mangas: fourthinstance.blogspot.de/p/t…
Weitere interessante Extras finden sich außerdem auf dem YouTubekanal: www.youtube.com/channel/UCBV_A…